Als erstes sei gesagt, es gibt keine „richtige“ Mediation. Es gibt neben dem Standardverfahren auch andere Mediationssysteme, die funktionieren. Dennoch höre ich immer wieder von Menschen, die unzufrieden mit ihrer Mediation waren. In diesem Sinne erfüllen nicht alle Mediationen ihren Zweck: Menschen zu helfen. Nachfolgend liste ich ein paar Punkte auf, die meiner Meinung nach eine Erfolg versprechende Mediation auszeichnen.

Der Mediator hält sich aus dem Prozess raus

Das ist ein essenzieller Punkt unseres beruflichen Selbstverständnisses. Dennoch kommt es vor, dass Mediatoren immer mal wieder ihre Meinung in den Prozess einfließen lassen. Manchmal sind wir im Prozess mit Situationen konfrontiert, die unser eigenes Weltbild erschüttern. Dann können sich selbst die Emotionen eines geschulten Mediators bemerkbar machen. Ab und zu kommt es dann vor, dass der Mediator versucht den Klienten in eine bestimmte Richtung zu lenken. Konkret können das Suggestivfragen sein („aber sehen Sie nicht auch…“, „Können Sie sich denn nicht vorstellen…“) oder direkte Bewertungen. Das verfälscht das Ergebnis oder kann dafür sorgen, dass der Klient sich bevormundet fühlt. Die Regel, dass Klienten selbstbestimmt am Ergebnis arbeiten, ist damit verletzt und aus der Mediation wird dann eine Beratung.

Der Mediator ist allparteilich

Daraus ergibt sich die nächste Hürde, nämlich die der Allparteilichkeit. Dieses Wort ist neben Win-Win eines der Lieblingsworte in Mediatorenkreisen. Unparteiisch zu sein bedeutet auf keiner Seite zu stehen. Allparteilichkeit dagegen bedeutet auf beiden Seiten zu stehen. In der Praxis bedeutet das, dass sich der Mediator dafür einsetzt, dass beide Parteien ihre Ziele erreichen. Auch hier kann es erheblich schaden, wenn der Mediator seine eigenen Werte in den Prozess bringt. In den meisten Konflikten erkennen wir uns auf einer der Seiten wieder. Auch Mediatoren sind davon betroffen. Einen guten Mediator macht nicht aus, dass er den Konflikt nicht subjektiv bewertet. Einen guten Mediator macht es meines Erachtens nach aus, dass er sich dieser Bewertung bewusst ist und offen bleibt, die andere Seite auch zu verstehen. Ähnlich wie in der Klientenzentrierten Therapie nach Carl Rogers, wird der Mediant vollständig angenommen und seine Interessen in der Mediation bestärkt. Ich kenne Mediatoren, die es schaffen, mit Gewaltverbrechern empathisch zu arbeiten.

Der Mediator nimmt dem Klienten die Verantwortung nicht ab

Mediatoren sollten meiner Meinung nach ein positives Menschenbild haben und jedem Menschen zutrauen, selbstverantwortlich für sich sorgen zu können. Der Mediator begleitet nur. Kein Mediator wird alle Konflikte klären können. Möglicherweise ist der Fall zu festgefahren oder er löst im Mediator Dinge aus, die ihn abhalten, sich auf den Fall einzulassen. Oder die Medianten sind nicht daran interessiert einen Konsens zu erlangen bzw. eigenverantwortlich Lösungen zu finden. Für manche Konflikte oder Medianten ist ein Gerichtsprozess tatsächlich sinnvoller, weil es weniger emotionale Investition bedeutet. Wenn der Konflikt zu belastend ist, kann es entlastend sein, wenn ein Anwalt für einen die Arbeit macht. Auch das ist okay. Sowohl die Medianten als auch der Mediator können jederzeit die Mediation abbrechen, wenn sich die Mediation als nicht-zielführend raustellt. Zu keinem Zeitpunkt sollte der Mediator den Klienten die Verantwortung vom Lösungsprozess abnehmen oder nicht zutrauen, dass diese aus eigener Kraft vorwärts kommen.

Die Medianten bestimmen den Fortschritt

Das bringt mich zu meinem letzten Punkt. Viele Mediatoren möchten gerne sehen, wie sie im Prozess vorwärts kommen. Das geht auch mir so. Ich möchte sehen, dass es etwas bringt, dass ich mit am Tisch sitze. Dennoch gibt es Klienten, die lange brauchen, bevor sie sich vom Mediator verstanden fühlen. Das kann verschiedene Gründe haben. Möglicherweise wurde dem Klienten sehr oft gesagt, dass seine Meinung unberechtigt ist, oder er traut sich nicht, seine Meinung zu sagen. Vielleicht weiß er selbst nicht was in ihm vorgeht oder versucht eine undurchdringliche Maske aufrecht zu erhalten. Das ist einer der Gründe warum Mediatoren zur absoluten Verschwiegenheit verpflichtet sind. Die Vertraulichkeit des Mediationsprozesses soll den Klienten helfen, offen über seine Belange zu sprechen. Dann muss der Mediator eben in der Anfangs-Phase* der Mediation bleiben, bis er zum Klienten durchdringt und dieser sich angenommen fühlt. Das kann unter Umständen einige Sitzungen dauern. Manchmal ist es schwer das als Mediator auszuhalten. Man wird ungeduldig und ist verführt den Prozess trotzdem vorwärts zu drängen. Das wird sich meistens in einer späteren Phase rächen. Als Klient erkennt man eine „gute“ Mediation daran, dass der Mediator sich für jeden Punkt die Zeit nimmt, die der Klient braucht.

 

*Die Anfangsphase der Mediation ist (nach dem Organisatorischen) die Phase, in der der Mediator sich ein Bild davon macht, wie die Klienten die Konfliktsituation erleben. Dabei wird beiden gleichviel Aufmerksamkeit geschenkt und nicht bewertet, wer von ihnen Recht hat. Beide leben in einer Wirklichkeit, die ihnen wahr vorkommt. Jedoch gibt es in diesem Kontext keine objektive Wahrheit. Wahr sind nur die Empfindungen.

Wie eine Mediation funktionieren kann

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