[Meinungsgefüllter Artikel]

Wie viele Andere, sitze auch ich Zuhause und erhole mich von dem Shock der US Wahlen. Über die letzten Jahre habe ich einen stärkeren Glauben an das Gute im Menschen aufgebaut. Dieser Glaube wird immer wieder Prüfungen unterzogen. Jetzt kommen die Rechtspopulistische Bewegung Europas, Brexit und Trump auf einmal zusammen. Trotzdem versuche ich mein Bestes um meinen Glauben aufrecht zu erhalten. Wie viele Andere auch, frage ich mich, wo diese Entscheidungen herkommen.

Ich bin kein Experte für Politik, ich bin Mediator. Ich habe gelernt, dass Menschen in Konflikten aufgebrachter, emotionaler und allgemein stärker reagieren, je weiter sie ins Abseits gedrängt werden. All diese Erscheinungsformen der Intoleranz, der Angstschürerei und der Feindseligkeit sehe ich als Zeichen, dass die urkonservative Strömung weiter und weiter an den Rand gedrängt und von einer aufgeschlossenen Gesellschaft abgelöst wird. Und je stärker die Anstrengungen werden, diese Menschen komplett über Board zu werfen, desto stärker und hässlicher wird deren Gegenwehr. Ich habe die Erstarkung rechtspopulistischer Gruppen in Europa als letztes Strampeln einer Bewegung gesehen, die von den liberalen Kräften überrant wird. Zumindest bis fast die Hälfte der Amerikaner den populistischen Republikaner Trump wählten. Die kleine Gruppe wirkt ganz plötzlich gar nicht mehr so klein. Scheinbar gibt es doch noch viel zu viele, die sich ins Abseits gestellt und von der Politik entfremdet fühlen.

Natürlich gibt es unzähliche Faktoren, die zu diesem Ergebnis geführt haben. Obwohl meine Analyse auf den Füßen einer Konfliktwissenschaftlichen Ausbildung steht, ist sie nicht alleinig aussschlaggebend. Und die Gründe bis ins letzte Detail zu überprüfen, führt irgendwann nicht weiter. Diese Erkenntnisse zu nutzen um etwas zu ändern, dagegen schon.

Ich komme immer wieder zu dem Schluss, dass unser Demokratie-System noch weiter ausgebaut werden müsste. Obwohl wir mit der Demokratie schon weit gekommen sind, ist es noch immer nicht das faire System, dass es sein könnte. Das Hauptproblem liegt in meinen Augen darin, unsere heutiges Demokratiesystem nicht wirklich inklusiv ist. (Nochmal: Ich bin kein Politikexperte. Ich leite lediglich von meinem Wissen über Friedenswissenschaft ab) Es gilt das Recht des Stärkeren. Wer mehr Stimmen hat, entscheidet. Selbst wenn die Gegenstimmen 49% ausmachen, werden sie nicht zwangsläufig einbezogen. Solange bis ein Gegenantrag kommt, der dann seinerseits die Mehrzahl der Stimmen bekommen muss. Ein ermüdenter Prozess. Eine wahrlich inklusive Demokratie würde von vornherein vorsehen, dass die Anteile der Gegenmeinung in der Endlösung bereits vertreten sind und dem Gewinner auferlegt, sich mit den Bedürfnissen der Gegenseite zu befassen.

Wenn die Mehrheit zum Beispiel für eine Willkommenskultur wäre, würde diese dann vielleicht trotzdem sagen: „Okay, wir sind zwar offen für alle, die uns brauchen… Aber wie können wir unsere Lösung dennoch so absichern, dass die besorgten Bürger mit der Entscheidung leben können?“. Dann würden wir zumindest nicht das Zeichen setzen, dass Rechtspopulisten an den Abgrund gestellt werden müssten, wo sie dann unweigerlich zum Gegenangriff rüsten. Ist diese Vorstellung naiv? Fuck yeah, ist sie das. Genau das ist mein Job als Mediator! Nämlich der im Raum zu sein, der naiv genug ist, um tatsächlich zu versuchen, die feindlichen Lager zusammen zu bringen. Denn nur so entsteht Frieden.

Nach dem heutigen Morgen habe ich mich hinterfragt, ob ich wirklich eine Zukunft darin sehe, Friedensmediator zu werden. Und ich bin mir noch immer nicht hundertprozentig sicher, ob ich damit wirklich zu einer inklusiveren Demokratie beitragen kann. Aber wenn halb Amerika sagt: „Scheiß auf Frieden, wir nehmen den Demagogen!“, sehe ich keine Alternative als es zu versuchen.

US Election Special: Inklusive Demokratie

Das könnte dir auch gefallen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.